In der Schweiz leiden 400 000 Menschen an COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease), der obstruktiven Lungenerkrankung, umgangssprachlich auch Raucherbronchitis oder Raucherhusten genannt. Wobei die Dunkelziffer viel höher liegen dürfte, weil Erkrankte oft gar nicht wissen, dass sie betroffen sind. Wir haben mit Dr. med. Nena Lale, Oberärztin Pneumologie im Rehazentrum Walenstadtberg, gesprochen und einige wichtige Erkenntnisse über diese Lungenkrankheit zusammengetragen.
Die Kliniken Valens betreuen lungenfachärztlich an drei Standorten Patientinnen und Patienten mit Lungenerkrankungen (Walenstadtberg, Davos Clavadel und Wald). Von der Pneumologischen Rehabilitation in Walenstadtberg etwa profitieren Patientinnen und Patienten mit verschiedenen Krankheitsbildern. Darunter die COPD, das Asthma bronchiale, schwere Verläufe von Lungenentzündung, u. a. durch Grippeviren (Influenza), Covid 19 oder andere virale und bakterielle Infekte. Auch nach Lungenoperationen, etwa nach einer Emphysemreduktion oder Tumoroperationen der Lunge, kommen Menschen zur Reha nach Walenstadtberg.
Raucher mit COPD sind die grösste Patientengruppe
Die grösste Patientengruppe, so Nena Lale, sind aber langjährige Raucherinnen und Raucher mit einer fortgeschrittenen COPD. Die Erkrankung ist besonders unter Rauchern sehr häufig, obschon es auch andere Ursachen gibt – wie etwa Inhalation von Staub, Chemikalien oder Dämpfen bei der Arbeit in der Landwirtschaft oder Industrie. Die Patientinnen und Patienten kommen meist nach einer akuten Verschlechterung ins Akutspital und anschliessend zur Reha. Oft auch mit einer nicht-invasiven Beatmung zur Entlastung der Atemmuskulatur, insbesondere in der Nacht. Dann gilt es, den Umgang mit Beatmungs- und Inhalationsgeräten zu schulen und mit einem individuellen Therapie- und Trainingsplan den Allgemeinzustand wieder zu verbessern. Bei fortgeschrittener Erkrankung können über eine Kostengutsprache danach jährlich sowohl stationäre als auch ambulante Reha-Programme absolviert werden.
AHA – Früherkennung kann weitere Schädigungen bremsen
«Leider ist COPD nicht heilbar, die Lungenschäden sind irreversibel. Da die Krankheit schleichend fortschreitet, wird die Erstdiagnose nicht selten erst in Stufe 3 oder 4 gestellt. Betroffene mit COPD Stufe 4 sind beim höchsten Schweregrad angelangt, bei dem die Lungenfunktion (FEV1) weniger als 30 Prozent beträgt und bereits sehr schwer beeinträchtigt ist. Nicht selten sind diese Menschen den Grossteil des Tages an ein Sauerstoffgerät gebunden.» Zwar wäre die Erkrankung schon viel früher diagnostizierbar, so Nena Lale weiter, doch häufig würden die Patientinnen und Patienten ihre Symptome negieren, sie auch dem Hausarzt nicht berichten. Die Frage nach der Raucheranamnese erfolgt weiterhin zu selten, ebenso Lungenfunktionstestungen, sodass die Krankheit eben lange unentdeckt bleibt.
Umso wichtiger ist es also, das Bewusstsein für die Symptome dieser Erkrankung zu schärfen: Personen, die die sogenannten AHA-Symptome bei sich bemerken – Auswurf, Husten, Atemnot –, sollten unbedingt eine Lungenfunktionstestung erhalten.
Unverzüglicher Rauchstopp als erste Massnahme
Als erste und wichtigste Massnahme bei COPD gilt ein kompletter Rauchstopp. Im Rehazentrum Walenstadtberg hilft ein interdisziplinäres Team von Medizinern, Therapeuten und Psychologen dabei, einen Weg aus der Sucht zu finden. Nena Lale: «Bei COPD sind regelmässige Lungenfunktionsuntersuchungen und eine Inhalationstherapie nötig. Letztere wird allerdings zu Hause oft falsch angewendet; dann gelangen die Inhaltsstoffe nicht in die Bronchien und die Therapie kann nicht wirken.» Hier gibt es Abhilfe: Inhalationsschulungen werden von Pneumologen und anderen medizinischen Fachkräften sowie von Hausärzten und Apotheken angeboten.
«Eine neue Generation von Lungenkranken wächst gerade heran», sagt Dr. med. Nena Lale, Oberärztin Pneumologie im Rehazentrum Walenstadtberg.
Wie Nena Lale berichtet, hört sie betreffend Rauchstopp von den Patientinnen und Patienten immer wieder: «Ich habe schon reduziert!» Das sei – hinsichtlich der Nikotinmenge – schön und gut, doch: Das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall bleibt gleich, egal ob man 5 oder 20 Zigaretten rauche. Und Nena Lale lässt auch aufhorchen, wenn sie über den steigenden E-Zigaretten-Konsum spricht: Man müsse «die Idee verwerfen», man könne sich das Rauchen abgewöhnen bzw. «gesünder rauchen», indem man den Zigarettenqualm teilweise durch die Chemikalien der E-Zigarette ersetzt.
Der sogenannte «Dual Use» verstärke nämlich die schädlichen Auswirkungen, da sich die Schadstoffe beider Produkte kumulieren. Besonders bedenklich findet die Medizinerin, dass die E-Zigarette in ihren vielen stylischen Varianten vor allem bei jungen Menschen beliebt ist. Dabei sind die langfristigen Folgen des E-Zigaretten-Konsums noch weitgehend unbekannt. Man müsse deshalb davon ausgehen, «dass gerade eine neue Generation Lungenkranker heranwächst».
Die Rolle von Ernährung, Sport und Wetterlage
Neben dem Rauchstopp spielt auch eine ausgewogene Ernährung eine grosse Rolle; ebenso wie ausreichend Bewegung in Form von Kraft- und Ausdauertraining. Insbesondere ein Krafttraining der grossen Muskelgruppen verbessert die Sauerstoffaufnahme und stärkt den Atemapparat.
Nena Lale: «COPD-Erkrankte spüren, wenn etwa mehr Feinstaub in der Luft liegt oder ein Wetterumschwung ansteht. Auch feuchtes und warmes Wetter macht ihnen zu schaffen; die chronisch eingeengten Bronchien reagieren empfindlich. Dann ist es wichtig, sich die Energien gut einzuteilen und genau zu steuern, was man sich an dem Tag an Aktivitäten zumutet.»
Impfungen sind bei COPD ein Muss
Das Bundesamt für Gesundheit empfiehlt Menschen ab 60 Jahren, chronisch Lungenkranken sowie Menschen mit einem geschwächten Immunsystem eine Handvoll Schutzimpfungen: einmalig gegen Pneumokokken, das RSV-Virus und Keuchhusten sowie jährlich gegen Influenza und die neuen Corona-Stämme. Denn die genannten Erreger können in dieser Patientengruppe schwer verlaufende Lungenentzündungen verursachen, die mitunter zum Tod führen.
Nena Lale beantwortet die Frage, die im Raum steht: «Ja, mit der Impfung kann man den Infekt trotzdem bekommen, aber man darf mit einem milden Verlauf rechnen. Und die Wahrscheinlichkeit, auf der Intensivstation zu landen, reduziert sich enorm.»
Früherkennung von COPD
Für die Früherkennung von COPD achten Sie auf die AHA-Symptome:
Auswurf
Husten
Atemnot bei Anstrengung
… und lassen Sie bei Verdacht Ihre Lungenfunktion überprüfen. Je früher die COPD entdeckt wird, desto früher kann die Schädigung der Lunge eingebremst werden.
Massnahmen für die Lungengesundheit
Inhalation von Schadstoffen meiden
Nicht rauchen – weder Zigarette noch E-Zigarette
In die Lunge gehört nur frische Luft
Ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung (Kraft- und Ausdauertraining)
Hygiene-Etikette: in Ellenbeuge niesen und husten, Hände waschen
Schutzimpfungen für Lungenkranke, für Personen ab 60 und für Gesundheitspersonal
Auch das Bundesamt für Gesundheit BAG publiziert regelmässig Informationen zur Prävention von Atemwegserkrankungen: https://bit.ly/copd-infos
Forschung zum Thema
Im November 2024 wurde eine Multicenter-Studie unter Mitwirkung von Prof. Dr. med. Marc Spielmanns, Ärztlicher Direktor Kliniken Valens / Zürcher RehaZentren in der Zeitschrift «Thorax» veröffentlicht:
Smartphone application-based pulmonary rehabilitation in COPD: a multicentre randomised controlled trial
Diese multizentrische Studie zeigt, wie die Smartphone-App «Kaia COPD» die körperliche Leistungsfähigkeit von COPD-Patienten in der Lungenrehabilitation verbessert. Besonders regelmässige Nutzer profitieren spürbar. Die Ergebnisse der Studie bestätigen den innovativen Einsatz digitaler Lösungen in der medizinischen Versorgung.
«Thorax» ist eine internationale Zeitschrift von BMJ und BTS und veröffentlicht hochwirksame Forschungsergebnisse aus allen Bereichen der Beatmungsmedizin und Intensivmedizin.
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