St.Gallen ist um eine grüne Oase reicher. Diesen Sommer haben die Mitarbeitenden der Ambulanten Reha St.Gallen gemeinsam mit ihren Patientinnen und Patienten das Projekt «Urban Gardening» gestartet. Als Teil des künftigen Therapieangebotes wurde das Projekt von Anfang an vor dem therapeutischen Hintergrund geplant und umgesetzt.
Das Herzstück der neuen grünen Stadtterrasse sind drei Hochbeete, in denen in bunter Eintracht Salat, Tomaten, Radieschen, Kohlrabi und Kräuter gedeihen; aktuell erfreuen auch schon einige Herbstblumen das Auge. Bis es mit der Gartenarbeit aber losgehen konnte, mussten so einige Handgriffe erledigt werden.
In Einklang mit dem Reha-Konzept
Die Massanfertigung der Hochbeete übernahmen Patienten des Rehazentrums Valens – im Rahmen der beruflichen Integration wird dort unter anderem eine hauseigene Schreinerei betrieben –, die Erde wurde von einem Gartencenter in St.Gallen bezogen und Geräte für die ergonomische Gartenarbeit von der Rheumaliga. Der Aufbau der Gartenmöbel für die Terrasse wurde dann ebenso gemeinsam im Team mit der Patientenschaft bewerkstelligt wie die Befül-lung und Bepflanzung der Hochbeete.
An diesem Punkt wird der Ansatz der Ambulanten Reha St.Gallen besonders deutlich, wie auch die Leiterin, Gudrun Haager, erklärt: «Unser Leitgedanke bei der Umsetzung dieses Projektes – von der Aufbauphase bis hin zur Integration in den Therapiealltag – war jener der gesellschaftlichen Teilhabe; ein wichtiges Prinzip in der Rehabilitation. Wir wollen unsere Patientinnen und Patienten in die Lage versetzen, nach der Reha so eigenständig wie möglich am Alltags- und Berufsleben teilzunehmen. Entscheidend ist dabei auch das Trainieren von wichtigen Alltagsfertigkeiten.»
So konnten bereits mehrere Patientinnen und Patienten, etwa im Rahmen der neurologischen Therapie nach einem Schlaganfall, einen Teil ihres Trainings nach draussen verlegen. Die Rückmeldungen sind durchwegs positiv; die Arbeit mit der Natur und an der frischen Luft empfinden die Patienten als willkommene Abwechslung und Ergänzung im Trainingsalltag. Das Interesse an der Gartentherapie steigt indes generell, was sich auch im Weiterbildungsangebot der ZAHW widerspiegelt: Der Nachdiplomstudiengang «CAS Gartentherapie» vermittelt Fachkräften aus Gesundheitsberufen spezielle Kompetenzen für diese Therapieform.
Nachhaltig im mehrfachen Sinn
Die Idee, Urban Gardening als Begleitangebot ins Reha-Programm aufzunehmen, entstand aus dem Nachhaltigkeitsdenken, das in der Ambulanten Reha St.Gallen herrscht. Zum einen ist dies in der Therapie zu spüren: Es geht nicht darum, kurzfristig Erfolge zu feiern, sondern langfristig die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Zum anderen sind da aber auch die gemeinschaftlich genutzten Arbeitsplätze und Therapieräume, die Wasserspender und Glasfaschen oder die Holzbleistifte, die als Sonnenblumen weiterleben. Gudrun Haager freut sich, dass das ganze Team hinter dem Gartenprojekt steht: «Der Gedanke, eigenes
Gemüse anzubauen und die Arbeit ins Rehabilitationstraining einzubauen, war für alle ein logischer Schritt. Denn wenn der – an sich schon nachhaltige – Gemüseanbau den Patienten dabei hilft, ihre Fingerfertigkeit und Sensorik zu trainieren, dann wird dem Nachhaltigkeitsstreben gleich mehrfach entsprochen.»
Und wenn das frisch geerntete Gemüse schliesslich gemeinsam mit den Therapeutinnen und Therapeuten in schmackhafte Speisen verwandelt wird, schliesst sich der Kreis: Demnächst soll ein eigens konzipiertes Programm für Kochgruppen entstehen. Interessierte Patientinnen und Patienten werden, vielleicht schon in der nächsten Gartensaison, ihre Fertigkeiten auch in der Küche trainieren und verbessern. Selbstverständlich mit selbst gepflanztem und geerntetem Gemüse und selbstgepflückten Kräutern aus dem Reha-Garten mitten in der Stadt.
Bildlegende: Mit einer ergonomischen Hacke und der Unterstützung seiner Therapeutin lockert ein Patient die Erde im Hochbeet auf.