Seit 17 Jahren ist er im Rehazentrum Valens tätig, seit Juni 2021 ist er Leiter Forschung und Entwicklung der Therapien. Ebenfalls in dieses Jahr fällt die Veröffentlichung einer MS-Studie in einer der weltweit wichtigsten neurologischen Fachzeitschriften. Die Rede ist von Dr. Jens Bansi – der jetzt schon weiss: 2021 wird ihm in Erinnerung bleiben.
Dass Jens Bansi Forschungsleiter der Therapien wird, war schon seit Längerem geplant. Das Timing für seinen Forschungserfolg dagegen war nicht planbar. Aber einige Monate vor seiner Beförderung zeichnete sich bereits ab, dass die MS-Studie, die er und sein Team zusammen mit der Deutschen Sporthochschule Köln durchführten, ein grosser Erfolg werden würde.
HIIT reduziert Entzündungswerte
In der Mai-Ausgabe des renommierten neurologischen Fachmagazins «Neurology – Neuroimmunology & Neuroinflammation» wurde die Studie veröffentlicht. Darin sind Dr. Jens Bansi, Dr. med. Roman Gonzenbach und Dr. Jan Kool zusammen mit ihrem Forschungsteam folgender Frage nachgegangen: Wie wirkt sich ein Hochintensives Intervalltraining (HIIT) auf chronische Entzündungen im Gehirn aus? Die Ergebnisse sind so erfreulich wie eindeutig: Die Konzentrationen von speziellen Markern, die das entzündliche Geschehen im Gehirn abbilden, werden durch HIIT deutlich gesenkt.
Ein Plädoyer für regelmässige Bewegung bei MS
Auch frühere Studien haben gezeigt, dass Bewegung das Fortschreiten von MS verlangsamen kann. Der Erfolg hängt aber von der Regelmässigkeit ab. Jens Bansi erklärt, warum: «Entscheidend ist, dass die Betroffenen das Ziel verfolgen, einen Referenzwert in ihrer Fitness zu halten: den eines gesunden, durchschnittlich fitten Menschen. Denn ihr Organismus kann schwächende Einflüsse, wie eine Erkältung oder längere Trainingspausen, weniger gut kompensieren. Im Vergleich zu einem gesunden Menschen brauchen sie viel länger, bis sie wieder ihr altes Niveau erreichen.»
Leitungsposition und Forschungserfolg – 5 Fragen an Jens Bansi
Jens, du bist seit Juni Forschungsleiter der Therapien. Was bedeutet dir das?
Sehr viel natürlich. Die Arbeit in Valens macht mir nach wie vor viel Freude. Das Schöne an unserer Forschung ist ja, dass wir alle Erkenntnisse direkt im Reha-Alltag umsetzen können. Als Forschungsleiter Therapien kann ich jetzt noch mehr gestalten und die Verantwortung für künftige Projekte übernehmen. Darauf freue ich mich.
Was möchtest du verändern, was beibehalten?
Gross verändern möchte ich erstmal nichts, mit Jan Kool hatten wir einen extrem engagierten und erfahrenen Forschungsleiter, der ein offenes und innovationsfreundliches Arbeitsklima geschaffen hat. Das möchte ich weiter pflegen. Wichtig ist mir auch, das Taktgeber-Image der Valenser Forschung zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dazu trägt jetzt auch die Veröffentlichung unserer Studie in «Neurology» bei.
Was hat eure neue MS-Studie, vereinfacht gesagt, ergeben?
Wir konnten nachweisen, dass HIIT die Konzentrationen von speziellen Markern, die das entzündliche Geschehen im Gehirn abbilden, deutlich reduziert. Dadurch verlangsamt sich der Abbau der Isolierschicht der Nervenbahnen im Gehirn. Wir glauben, dass HIIT bei regelmässiger Durchführung das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen kann.
Was ist bei dieser Studie anders als bei den bisherigen?
Das Besondere an der Studie ist, dass wir neue Marker im Blut ausgewertet haben: Die sogenannten Neurofilamente. Sie wurden erst kürzlich entdeckt und sind ein wesentlicher Indikator für Entzündungen. Zusätzlich haben wir den Aufbau von Kynurenin und Tryptophan untersucht. Dabei haben wir herausgefunden, dass HITT auch die chronische Müdigkeit bei MS und anderen Krankheiten reduzieren kann.
Und weshalb hat «Neurology» diese Studie veröffentlicht?
Das hat einerseits mit dem deutlichen Ergebnis zu tun, andererseits mit dem Studiendesign: Wir haben nur Werte verwendet, die objektiv messbar sind. Beispielsweise haben wir nur Personen in die Studie aufgenommen, die einen EDSS-Wert zwischen 3.0 und 6.0 hatten, also ‹moderat› eingeschränkt waren. Auch die Veränderung der Blutkonzentration haben wir zu genau definierten Zeitpunkten gemessen. Das sind nur zwei Beispiele, aber solche messbaren Parameter waren ausschlaggebend für die Veröffentlichung unserer Arbeit. Über diese positive Resonanz freuen wir uns sehr.
Und wir freuen uns mit euch – besten Dank für das Gespräch. Das Voilà-Redaktionsteam gratuliert ganz herzlich zur erfolgreichen Studie und wünscht weiterhin frohes Forschen!
Die Vergleichsgruppen
69 Personen wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe absolvierte 3 Mal pro Woche für 15 Minuten ein Hochintensives Intervalltraining auf dem Ergometer. Dabei radelten die Probandinnen und Probanden jeweils 1 Minute bei 90 bis 100 Prozent ihrer individuellen Höchstleistung und machten dann 3 Minuten Pause. Die andere Gruppe absolvierte das ‹normale› Valenser Training: täglich 30 Minuten bei ca. 65 Prozent der individuellen Höchstleistung.
Ergebnisse der Studie
Die Blutanalysen erbrachten den Nachweis, dass sich die Konzentration der Neurofilamente nach dem Hochintensiven Intervalltraining jeweils deutlich stärker abgesenkt hatte als nach dem ‹normalen› Training. Dadurch verlangsamt sich der Abbau der Isolierschicht von Nervenbahnen im Gehirn und damit das Fortschreiten der Krankheit.
Die Studie zum Nachlesen in voller Länge
Die Studie trägt den Titel Exercise Diminishes Plasma Neurofilament Light Chain and Reroutes the Kynurenine Pathway in Multiple Sclerosis.
Hier geht es zur Studie in voller Länge:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33782190.
Finanzierung
Diese Studie wurde finanziert von der Schweizerischen MS Gesellschaft (SMSG), der Stiftung Grenzen überschreiten, der Blumenau- Léonie Hartmann-Stiftung, der Stiftung Ergotherapie und den Kliniken-Valens.
Dieser Artikel ist im Voilà-Magazin Herbst/Winter 2021 erschienen. Das ganze Magazin können Sie hier lesen oder downloaden.
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